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Mai 05

FSJ beim Karren: „Eine echte Bereicherung“

13.04.2015 | Extrablatt Siegburg

„Für mich war es eine echte Bereicherung“ – viele wertvolle Erfahrungen als Integrationshelferin

Rhein-Sieg-Kreis. Charlotte Neborg aus Neukirchen-Seelscheid, 19 Jahre alt, betreut seit vergangenem Sommer als Integrationshelferin die 11-jähre Luise (Name geändert) in der LVR-Frida-Kahlo-Schule in Sankt Augustin. Im folgenden Gespräch berichtet sie über dieses für sie besondere Freiwillige Soziale Jahr, das sie beim diakonischen Verein Der Karren absolviert.

Wie sieht Ihr Alltag als Integrationshelferin aus?
Ich begleite Luise jeden Tag in ihrem Schulalltag. Sie geht in die fünfte Klasse. Weil sie schwerstmehrfach behindert ist, nehme ich mit ihr hauptsächlich spezielle Förderangebote wahr. Wir arbeiten zum Beispiel zusammen daran, dass sie ihre Hilfsmittel wie etwa den Step-by-Step benutzen kann. Das ist eine Taste, mit der sie sich mitteilen kann, zum Beispiel wenn sie am Unterricht teilhaben möchte oder auf sich aufmerksam machen will. Wir sind viel zusammen an der frischen Luft und Luise liebt Musik. Ich helfe ihr beim Essen und Trinken und natürlich gehören auch pflegerische Tätigkeiten wie etwa Wickeln zu meinen Aufgaben.

Wie gefällt Ihnen Ihre Aufgabe? Was ist das Besondere daran?
Luise und ich sind seit letztem Sommer zu einem tollen Team zusammengewachsen und ich bin sehr glücklich, diese Zeit mit ihr zu verbringen. Am Anfang war es ungewohnt, dass Luise sich nicht durch Sprache mitteilen kann. Es kam mir komisch vor, zu reden und keine Antwort zu erhalten. Doch inzwischen habe ich durch sie gelernt, dass man sich auch auf einer anderen Ebene kennenlernen und miteinander kommunizieren kann.

Was werden Sie für sich persönlich aus diesem FSJ mitnehmen?
Neben der engen Beziehung, die sich zwischen Luise und mir entwickelt hat, habe ich viel von dieser Erfahrung profitiert. Am Anfang fühlte ich mich der Aufgabe nicht gewachsen und zum Beispiel das Wickeln kostete mich einige Überwindung. Aber das war schon nach zwei Wochen ausgestanden. Ich merke, dass mich die vergangenen Monate viel selbstbewusster gemacht haben. Ich habe Vertrauen in mich entwickelt, dass ich Verantwortung übernehmen kann. Ich kann jedem nur empfehlen, als Integrationshelfer zu arbeiten. Für mich ist es eine echte Bereicherung.

Welche Hilfestellungen erhielten Sie?
Der Karren bietet viele verschieden Fortbildungen zu Themen an, die einem im FSJ-Alltag begegnen. Dort kann man sich mit anderen austauschen und erfährt vieles, was einem sehr hilft. Außerdem haben wir regelmäßig Teamsitzungen mit einer Mitarbeiterin des Karrens, bei der wir aktuelle Situationen und Probleme besprechen und lösen.

Wie sind Sie eigentlich zum Karren gekommen?
In der Schule haben viele überlegt, nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen. Da haben wir uns über unterschiedliche Möglichkeiten ausgetauscht und ich habe mir einige Optionen angeschaut. Nach einem Bewerbungsgespräch beim Karren war dann schnell alles klar.

Wie sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Im Sommer werde ich mit meinem BWL-Studium beginnen. Neben dem Studium möchte ich aber gerne weiter in diesem Bereich arbeiten und vor allem den Kontakt zu Luise halten. Ich kann es mir noch gar nicht vorstellen, sie dann nicht mehr jeden Tag zu sehen. Aber zum Glück sind es ja noch ein paar Wochen bis zu den Sommerferien.

Aug 04

Praxisluft schnuppern in sozialen Berufen

02.08.2014 | Rundblick Sankt Augustin

Praxisluft schnuppern in sozialen Berufen

Regina Mahlberg berichtet über ihr Freiwilliges Soziales Jahr als Schulbegleiterin für eine behinderte Schülerin beim Karren e.V.

Für viele Schulabgänger des Jahrgangs 2014 ist die Frage weiterhin offen:„Was als Nächstes tun?“ Immer mehr junge Leute – um die 90.000 pro Jahr – entscheiden sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder einen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Eine von ihnen ist Regina Mahlberg aus Niederkassel-Mondorf, die in den vergangenen zwölf Monaten beim diakonischen Verein Der Karren in Sankt Augustin tätig war, ihre Aufgabe: Sie unterstützte die achtzehnjährige L. in der Schule. L. ist körperlich schwerstbehindert und besuchte die Frida-Kahlo-Schule in Vilich. Immer wenn sie Hilfe beim Lesen, Schreiben oder Essen benötigte, stand ihr Schulbegleiterin Regina Mahlberg zur Seite.

Sie berichtet: „In Deutsch habe ich L. zum Beispiel einen Text vorgelesen, in dem zwei unterschiedliche Meinungen vertreten wurden. L. machte sich Gedanken, welche Meinung sinnvoller ist, und ich schrieb das Ergebnis ihrer Überlegungen auf. So sind wir ein gut eingespieltes Team geworden.“ Auch die Pausen verbrachten die beiden jungen Frauen zusammen, denn in der Pausenhalle war es für L. zu laut. So unterhielten sie sich in einem ruhigeren Raum oder Regina Mahlberg las etwas vor.
„Mir hat das freiwillige Jahr großen Spaß gemacht“, betont Regina Mahlberg. Zuerst musste sie sich allerdings an ihre Aufgabe gewöhnen und hatte anfangs zum Beispiel noch Angst, L. bei bestimmten Hilfsgriffen weh zu tun. Für beide war es eine große Hilfe, dass sie sich schon in den Sommerferien aneinander gewöhnen und bei L. zu Hause „üben“ konnten. Als die Schule dann anfing, klappte alles schon richtig gut. „L. spricht sehr offen über ihre Behinderung, das hat mir geholfen,“ erklärt die junge Freiwillige.

Viele fragen sich: „Was bringt mir ein Freiwilliges Soziales Jahr?“. Für Regina Mahlberg ist das klar: „Ich habe sehr viel gelernt in den vergangenen Monaten. Zum Beispiel habe ich heute einen anderen Blick auf meine Mitmenschen, bin aufmerksamer geworden und höre genauer auf meine innere Stimme.“ Da scheint es schon ganz natürlich zu sein, dass sie nach dem Ende des Freiwilligen Sozialen Jahres ein Sonderpädagogik-Studium beginnt – und später vielleicht noch eine Ergotherapie-Ausbildung anschließt. So geht es vielen anderen Freiwilligen, die erste Erfahrungen in sozialen Berufen beim Karren gesammelt haben, berichtet der Geschäftsführer des diakonischen Vereins Peter Stößel. In diesem Jahr sind 12 Freiwillige beim Karren tätig, die meisten als Schulbegleiter, andere aber auch in Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen.

Bei Regina Mahlberg war es eher Zufall, dass sie den für sich optimalen FSJ-Platz gefunden hat. Sie wollte ursprünglich etwas ganz anderes machen, hörte dann aber während eines Beratungsgesprächs bei der Diakonie von der Möglichkeit, als Schulbegleiterin eingesetzt zu werden. „Diese Aufgabe hat mich spontan interessiert. Wenn man nur eine Person begleitet ist der Kontakt sehr intensiv und man lernt sich sehr gut kennen.“

Die Freiwilligen sind eine wichtige Stütze für die Arbeit des Karren, besonders seitdem es keine Zivildienstleistenden mehr gibt. „Wie die meisten anderen Anbieter von Freiwilligendiensten ist es uns sehr wichtig, die Freiwilligen gut auf ihre Tätigkeit vorzubereiten und ihnen immer mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“, sagt Annette Schiff, die einige der freiwilligen Schulbegleiter beim Karren betreut.

Am Ende des Schuljahres trennten sich die Wege von Regina Mahlberg und der Schülerin L.; die während des Freiwilligendienstes entstandene Freundschaft wird aber bleiben.

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